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GB7.4: Messerschmitt Me 262 A-1a - Das Original

Begonnen von thomas, 06. Februar 2011, 21:03:56

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thomas

Zuerst vorweg, ich hab diesmal etwas mehr Recherche zu den Hintergründen betrieben, normalerweise beschränkt sich das bei mir vorwiegend auf die Technik.
Aber wenn man da mal anfängt ....
Andererseits  - so spannend das Thema auch ist, es ufert aus wenn man darüber was schreiben will.

Darum hier (nur) die stark gekürzte Fassung der gekürzten Fassung  ;D
(Ich denke für das Forum ist es so am besten, wer sich dafür wirklich im Detail interessiert kauft sich eh Literatur – für alle anderen wäre es nicht so interessant.)
Die Me 262

Über die Me 262 viel zu schreiben hieße ,,Eulen nach Athen zu tragen", darum beschränke ich mich auf den Einsatz als Jagdflugzeug sowie ein paar persönliche Gedanken ;)

Die Me 262


Die Me 262 war das wohl leistungsfähigste Jagdflugzeug am Ende des zweiten Weltkrieges, die Geschwindigkeit im Einsatz war in etwa doppelt so hoch wie die der gegnerischen Bomber und immer noch beträchtlich höher als die Geschwindigkeiten von Mustang und Co.
Die Bewaffnung war spätestens nach Einführung der R4M Raketen auch deutlich überlegen und aus einer Entfernung einsetzbar in der die Abwehrbewaffung wirkungslos war.

Dass dieses Muster im Kurvenkampf nicht mit herkömmlichen Propellerjägern mithalten konnte war hingegen kaum ein Nachteil, das hatte dieses Muster aufgrund seiner überlegenen Geschwindigkeit schlicht nicht nötig und aufgrund der eben angesprochene trägen Leistungsentfaltung wäre hier auch bei niedrigerer Flächenbelastung nichts zu gewinnen gewesen.

Ein Video des Erstflugs der V3 (Der erste Prototyp mit Strahltriebwerken):
http://www.youtube.com/watch?v=p5JYn3yW8qM

Sowie ein Bild eines Serienexemplars:

thomas

Das einzig vergleichbare Muster der Alliierten, die Meteor war aerodynamisch schlechter, hatte aber zuverlässigere Triebwerke – und war, aber das ist  nur meine Meinung, was die Cockpitanordung anbetraf moderner.
Das Cockpit der Me 262 befand sich doch recht konventionell weit hinten was die Sicht aufgrund der Tragflächen unnötig einschränkte. ,,Papierprojekte" eventueller Weiterentwicklungen der Me 262 bestätigen das.

Aber die Me 262 hatte auch Schwächen:
Abgesehen von der Qualität aufgrund dem Fehlen wichtiger Rohstoffe, waren die Triebwerke wohl der Schwachpunkt. Diese Jumo 004 reagierten äußerst sensibel auf zu rasche Bewegungen des Gashebels und waren, wie damals bei allen Jettriebwerken üblich, sehr träge was Drehzahländerungen anbetraf.
Dies machte die Me 262 bei Start und Landung äußerst verwundbar.

Ein anderes Problem war dass man für ein Flugzeug dieser Leistungsklasse noch keine Einsatzvorschriften hatte, es war in der Tat ein großes Problem, dass man nicht wußte wie man damit am besten einen Bomber angreift.
Steinhoff beschreibt das in seinem Buch recht anschaulich: Aufgrund fehlender Luftbremsen/ Sturzflugbremsen waren Angriffe aus einer Überhöhung kaum durchführbar weil man so sehr schnell die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritt bzw. die Annäherungsgeschwindigkeiten zu hoch wurden.
Angriffe von vorne waren aufgrund der enormen Annäherungsgeschwindigkeiten auch kaum erfolgversprechend.
Blieben also konventionelle Angriff von hinten, was die empfindlichen Flugzeuge dann aber dem konzentrierten Abwehrfeuer der Bomber aussetzte.

Die Lösung waren schließlich die R4M Raketen, die aus einer Distanz abgefeuert werden konnten wo das angreifende Flugzeug noch nicht im Wirkungsbereich der Abwehrkanonen/MG´s war.
Allerdings löste sich so eine Me 262 nach dem Verschuss der RM4 nicht in Luft auf oder wurde unsichtbar ... aus dieser  heiklen Situation ungeschoren wieder herauszukommen war so einfach auch nicht...

thomas

Dazu noch ein Gedanke von mir:
In Verbindung mit der Me 262 liest man ja auch immer wieder von der Sache dass Hitler die Me 262 nur als Schnellbomber wollte, was im Messerschmitt in einem "schwachen Moment" auch zusagte und was die Entwicklung um Jahre zurückwarf.
Grundsätzlich stimmt das zwar, dennoch bin ich der Meinung dass dies an der Triebwerksproblematik nicht viel geändert hätte, denn:
Generell hatte es die Führung des 3. Reichs erstmal mit Offensivwaffen, und ein Jäger ist im Grund meist einen defensive Waffe  - Will sagen: Das Me 262 Programm hätte als als Jäger vermutlich weniger Unterstützung bekommen wie als Schnellbomber – und trotzdem hatte man Triebwerksprobleme bis zum Schluss, die sich auch nicht gelöst hätten wenn die 262 von Anfang an als Jäger eingesetzt worden wäre... Gewagte These, ich weiß ;)

Sehr lesenswert sind folgende Webseiten:
http://www.herbert-thiess.de/Laber/LeistungssteigerungMe262/LeistungssteigerungMe262-01.html
http://www.kheichhorn.de/html/body_messerschmitt_me_262.html

thomas

#3
Der Jagdverband 44

Nachdem Galland, Steinhoff und andere bei Göring in Ungnade gefallen waren und erst mal kalt gestellt wurde (,,Vorerst ohne weitere Verwendung") ergab sich dank des Engagements einzelner doch der glückliche Umstand dass ihm (Galland) gewährt wurde einen Düsenjägerverband aufzustellen.
Inwieweit man noch an einen möglichen Sieg glaubte oder einfach nur einen Heldentod der ,,Unbequemen" billigend in Kauf nahm, ist im Nachhinein schwer zu sagen.
Zusammen mit Johannes Steinhoff begann Adolf Galland die Aufstellung des Verbandes in Brandenburg-Briest.
Unterstützung bekam er dabei kaum welche, im Gegenteil - sein Nachfolger als General der Jagdflieger Gordon Gollob intervenierte hier hinter den Kulissen wo es nur ging.

Sogar das anfangs einzige Transportmittel, ein Motorrad, wollte das auf dem gleichen Platz liegende JG-7  einfordern.... ::)

Auf dem ersten Bild ist Adolf Galland zu sehen, in der Mitter Johannes Steinhoff und unten Gordon Gollob.

claudio

Hoi Thomas

Danke für die Infos!

Tschüss
Claudio

thomas

#5
Die Aufstellung  des Jagdverbandes dauerte aufgrund fehlender Unterstützung und der allgemeinen Lage fast 2 Monate und erfolgte in Brandenburg Briest, einem gar nicht so unbedeutenden Flugplatz der von den Alliierten offenbar übersehen wurde.
Diese ständig drohende Bombardierung verbunden mit der Gefahr dass das Reich nun bald in zwei Teile geteilt werden würde und man da dann nicht in diesen Kessel um Berlin geraten wollte führte dazu dass der Verband am ... nach München Riem verlegte.
Die Bedingungen dort waren auch alles andere als gut, der Platz wurde soweit es ging ständig von Alliierten Jägern bewacht und es erfolgten auch ständige Bombenangriffe – so dass auf dem Rückflug, nach einem Einsatz, oft nicht klar war ob man dort noch landen konnte.
Als Schutz dienten oft nur Einmannlöcher in die sich die Besatzungen, Mechaniker u.s.w. im Falle eines Angriffs retteten.

Hier eine Szene bei der so ein Einmannloch ausgehoben und getestet wird.
Rechts im Bild Eduard Schallmoser (von dem später noch die Rede sein wird), der linke könnte Johannes Steinhoff gewesen sein ?

Schon unglaublich wie weit die einst so erfolgreiche Luftwaffe gesunken war  :-\

thomas

Für die Flugzeuge gab natürlich auch keinerlei Bunker oder ähnliches wodurch auch die meisten Verluste am Boden durch Bombardierungen bzw. Jagdbomberangriffe stattfanden.

Und obwohl ständig neue Flugzeuge nachkamen, gelang es nie mehr als 7 Me 262 zu einem Angriff einzusetzen – dass obwohl der Verband irgendwann mal 70 Flugzeuge hatte !! Die meisten dieser 70 Me 262 wurden aber aufgrund der prekären Nachschub- und Transportlage vermutlich mehr als Ersatzteilspender missbraucht als ernsthaft als Jagdflugzeug angesehen zu werden.

Das Personal wurde von Galland und Steinhoff zusammengesucht, teils direkt aus Lazaretten mitgenommen, meldete sich zum Teil aber auch freiwillig.
Ungewöhnlich hoch war der Anteil sehr erfolgreicher Flugzeugführer, dies es zusammen auf mehr als 1000 Abschüsse brachten.

Die Erfolge des JV 44 waren gemessen an den äußeren Bedingungen und der Unzuverlässigkeit der Flugzeuge eigentlich sehr gut – in elf Wochen gelangen 24 - 47 Luftsiege bei 3 - x eigenen Verlusten – und dass trotz absoluter Luftüberlegenheit der Alliierten.
Die Zahlen 24 und 47 liest man immer wieder, vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte, ich denke nicht dass zu dem Zeitpunkt noch Mittel und allzu großes Interesse bestand dass genauestens zu verifizieren.
Diese ,,3" Verluste liest man mehreren Stellen im Web, mir erscheint die Zahl dennoch als zu gering.

Als das Ende abzusehen war gab noch einen Versuch Gallands den Verband den Amerikanern zu übergeben, was aber an Kommunikationsproblemen scheiterte – wohl aber dazu führte dass US-Jäger über den Me 262 in Salzburg kreisten ohne diese am Boden stehenden Maschinen anzugreifen.

In diesem Zusammenhang ist die Geschichte von der Aktion Krupinskis fast schon lustig, zumindest aber erwähnenswert:
Die US Panzer standen am 3. Mai 1945 bereits am westlichen Ufer der Saalach und weit des Platzes des JV 44 und forderten die Truppen die sich noch in Salzburg befanden zur Aufgabe. Und dieses ,,Ergeben" wurde dann den Amerikaner wohl auch gemeldet und die Panzer setzten sich um kurz nach 7.00Uhr am 04. Mai 1945 in Bewegung. Krupinski wußte davon allerdings nichts und machte sich mit Handgranaten bewaffnet mit einem Kettengrad auf um die verbliebenen Me 262´s abzufahren und jeweils zu zerstören. Die Amerikaner stoppten daraufhin und waren unschlüssig ob die Kämpfe nun doch weitergehen würden, schossen aber nicht. Krupinski gesellte sich, nach seinem Werk, zu den anderen Verbleibenden des JV 44 und wenig später wurde die Tür von außen geöffnet und der erste GI trat ein .... 

Hier das bekannte Bild einer der zerstörten Me 262 und eines von Walter Krupinski:

thomas

#7
Die ,,Weiße 5"

thomas

Also Vorbild für mein Modell will ich die Weiße 5 verwenden.....Warum ?

Zum einen ist dieses Flugzeug recht gut dokumentiert, zum anderen entspricht die Lackierung der für den JV 44 typischen Lackierung und zu guter letzt wurde es (auch) von Eduard Schallmoser geflogen.

Achja, genau diese Me 262 mit der Werknummer 111745 wurde im Werk Kuno II  gebaut, also unweit von Augsburg ;)

thomas

Dieser Eduard Schallmoser war einer der nicht so hoch dekorierten Mitglieder des JV 44, sein Name taucht dennoch in vielen Artikeln zu diesem Verband auf.
,,Turborammer" liest man dann zum Beispiel und auch Galland schrieb: ,,...kannte beim Rammen weder Freund noch Feind".

Zwei Bilder mit Eduard Schallmoser;

Auf dem ersten ist er derjenige der die Hand am Kragen hat.
Auf dem zweiten, denke ich, ist er der hintere – und daneben steht passenderweise die Weiße 5 ;)

thomas

Tatsächlich waren es wohl zwei Gegebenheiten die zu diesem außergewöhnlichen Ruf führten:

04 April 1945:
Um 11.00 Uhr starten Leutnant Fährmann und Unteroffizier Schallmoser um 12 P-38, die sich München näherten abzufangen.
Schallmoser, in Schußposition, betätigte die Kanonen und nichts geschah.
Ein kurzer Blick nach unten zum Entsicherungshebel reichte aufgrund der enormen Annäherungsgeschwindigkeit aus, um eine Berührung mit der P-38 unvermeidlich zu machen.
Die P-38 wurde am Heck mit der rechten Tragfläche Schallmosers Me 262 gestreift - die P-38 stürtzte ab, Schallmoser hatte Glück, seiner Me 262 fehlte nicht viel und er konnte unbeschadet landen.


20 April 1945:
Begegnung bei Landsberg mit 16 Marauders, die RM4 werden verwendet, Schallmoser ist der Rottenflieger Gallands.
Neben einem sicher und einem eventuellen Luftsieg Gallands, streifte Schallmoser mit seinem Leitwerk eine B-26 am Propeller, diese konnte jedoch trotz krummen Props noch nach "Hause" fliegen.
Schallmoser kam bei diesem Einsatz aber auch nicht ungeschoren davon und mußte ,,aussteigen".
Laut einer Quelle landete er dabei im Garten seiner Mutter, laut einer anderen besuchte er sie lediglich zu einem Kaffee bevor er wieder zum JV 44 nach München Riem zurückkehrte.

Die Marauder nach dem Zwischenfall:

thomas

Mit Absicht geschahen diese zwei Rammaktionen sicher nicht ;)

Wer sich für den JV 44 interessiert: Ich konnte noch einige andere Einsätze, auch mit Jaquelines Hilfe, herausfinden – diese aber hier aufzulisten würde das Ganze nur unnötig in die Länge ziehen.

Was wurde aus Schallmoser ?
Da er nach seiner Knieverletzung, die er sich beim Einsatz am 20. April zuzog, noch Einsätze flog ist anzunehmen dass er bis zum Schluß dabei war, danach verliert sich seine Spur in Argentinien. Herausgefunden habe ich nur dass Eduard Schallmoser dort Mitglied im Argentinian Aero Club war und am 7. Oktober 1991 in Oberá starb.

thomas

So, habe  fertig.... ;D

Das Ganze wurde nun, etwas umfangreicher als zuerst angedacht, und das ist schon eine ziemlich gekürzte Ausgabe der gekürzten Fassung   ::) ... aber dieses Thema mit 5 Sätzen abzuhandeln ist unmöglich, da täte es dann ein Link zu Wikipedia auch.


Als Quellen dienten mir:
Adolf Galland ,,Die ersten und die Letzten" - Immer lesenswert
Johannes Steinhoff ,,In letzter Stunde" - Immer lesenswert
Jeffrey Ethell und Albert Price ,,Strahlflugzeuge 1939-1945" - Sehr interessant, behandelt alle Strahlflugzeuge der damaligen Zeit, nicht nur die deutschen
Eric Brown ,,Berühmte Flugzeuge der Luftwaffe 1939-1945"-  eines meiner Lieblingsbücher
Toliver und Constable ,,Adolf Galland"
Robert Forsyth ,,Jagdverband 44"  -  ein sehr gutes Buch !
Und das Web – das aber meist nur auf die Platzschutzstaffeln verweist, zumindest was Bilder anbetrifft ;)

sowie Jacqueline, bei der ich mich ganz herzlich für ihre Hilfe bedanken will.

thomas

jonas

Hoi Thomas,

DAS nenn ich Geschichtsuntericht.
Für mich sehr spannend und interessant.

Kompliment.

Gruess Jonas

tobias

Danke für diese umfangreiche Einführung. Da steckt jede Menge Arbeit dahinter....

Vor ein paar Tagen habe ich mir den Fw190 D Dual Combo Bausatz von Eduard gegönnt. Als Bonus zu den zwei Doras hat es einen Spritzling für die Me 262 weisse 5 im Massstab 1/144.
http://www.ipmsdeutschland.de/FirstLook/Eduard/Kits/Fw190D_JV44_DC/Edu_JV44_Platzschutzschwarm.html

en gruess tobias