Neuigkeiten:

Nächster Höck 12. April 2024, ab 19:00 Uhr im Restaurant Löwen Hausen am Albis

Main Menu

GB7.4: Martin B-26 Marauder - das Original

Begonnen von jacqueline, 28. Januar 2011, 08:54:36

« vorheriges - nächstes »

jacqueline

Angesichts der Anzeichen, die unmissverständlich auf einen bevorstehenden Krieg hindeuteten, wurde die Marauder buchstäblich vom Reissbrett weg bestellt, d.h. man hielt sich gar nicht erst mit Prototypen (XB-) und Vorserienflugzeugen (YB-) auf, sondern man orderte bei Martin umgehend eine Serie von 201 Stück B-26 (ohne Index), von denen die erste am 29.11.1940 flog.


Erstflug B-26

Ein unerprobtes Muster auf die Menschheit loszulassen, war an sich schon etwas leichtsinnig. Dazu kam dann aber noch, dass viele der ersten Marauder-Pilotenschüler und sogar ihre Instruktoren keine Erfahrung mit mehrmotorigen Flugzeugen hatten. Diesen Jungs zu allem Unglück auch noch ein Monster zuzumuten, das sie mit über 200 Sachen landen sollten, ohne sich und die Besatzung umzubringen... das konnte nicht gut gehen. Zu allem Unglück kam es beim Start auch noch sehr oft zu Motorausfällen, was die fliegerischen Milchgesichter vollends überforderte. Die Unfälle nahmen dramatische Ausmasse an, womit sich die Marauder bald einmal Schimpfnamen wie "Flying Coffin" (fliegender Sarg), "Martin Murderer" (Martin Mörder) oder "Widow Maker" (Witwenmacher) einhandelte.



Die Abneigung nahm solch hysterische Formen an, dass niemand darauf achtete, dass 1943/44 mit dem Konkurrenzmuster B-25 Mitchell weit mehr Unfälle passierten als mit der Marauder. Tatsache ist, dass die B-26 fliegerisch immer anspruchsvoll war, vor allem wegen ihrer hohen Tragflächenbelastung, welche ihr zwar gute Leistungen verlieh, aber auf der Negativseite heikle Langsamflug- sowie hohe Start- und Landegeschwindigkeiten mit sich brachte. Mit zunehmender Erfahrung der Piloten, besserer Wartung und technischen Modifikationen (ab der Version B-10 wurden die Tragflächen um 1,83 m verlängert und das Leitwerk erhöht) bekam man die Probleme allmählich in den Griff. Trotzdem, den schlechten Ruf, den sie mal hatte, wurde sie  wie einen Kaugummi an der Schuhsohle einfach nicht mehr los.



Es gab mindestens vier Vorstösse, ihre Produktion einzustellen. Das mag an ihrer Reputation gelegen haben, aber möglicherweise gab es auch viel profanere Gründe: Eine B-26 kostete den Steuerzahler 192'427 US-$, also mehr als eine B-17 (187'742 US-$) und viiiiel mehr als die leistungs- wie einsatzmässig vergleichbare B-25 Mitchell von der Konkurrenz (116'752 US-$). Finanzielle Überlegungen könnten also durchaus ein Grund für die nicht enden wollenden Anfeindungen gewesen sein. Federführend bei der "Vendetta" gegen die Marauder war übrigens ein gewisser Senator namens Harry S. Truman, der spätere US-Präsident.

Gerettet haben die B-26 vermutlich nur ihre guten Leistungen und grossen Erfolge bei der Vernichtung von Punktzielen wie z.B. Brücken, Truppenansammlungen, Munitionsdepots etc. Auch ihre Besatzungen hatten sich inzwischen mit ihrem "fliegenden Sarg" angefreundet, weil der ordentlich was einstecken konnte und der dicke Rumpf ein grösseres Sicherheitsgefühl suggerierte als andere Flugzeugtypen.



Für die Zähigkeit der Marauder sprach immerhin, dass viele Maschinen ihres Typs weit mehr als 100 Einsätze überlebten, die Rekordhalterin sogar deren 336. Trotzdem: Ende November 1944 wurde die B-26-Produktion gedrosselt und im März 1945 ganz eingestellt. Für die Martin Company war das natürlich erst mal ein Schlag, aber dafür musste man sich nach Kriegsende nicht wie andere Hersteller mit Überbeständen herumschlagen, die plötzlich keiner mehr haben wollte.

Wie es scheint, stand die Marauder für die Nachkriegs-Airforce gar nie ernsthaft zur Debatte; die Tatsache, dass sie die niedrigste Verlustrate aller auf dem westlichen Kriegsschauplatz eingesetzten US-Flugzeugtypen aufwies, interessierte niemanden mehr. Nach Kriegsende in Europa drehte man ein paar Dutzend noch den Franzosen an, alle anderen wurden zu Sammelstellen überflogen und konsequent verschrottet. Mit dem Verschwinden der Marauder wurde der Typenkürzel "B-26" gelegentlich frei für die bis dahin "A-26" genannte Douglas Invader (um in den 1960ern wieder auf A-26 zurück-geändert zu werden).

Neben ihrer kurzen Karriere ist es auch bedauerlich, dass nur eine Handvoll Marauders bis in die Neuzeit überlebt hat, wovon derzeit gerade mal eine flugfähig ist und in Anbetracht ihrer Rarität nur selten vorgeflogen wird. Hier ein Foto genau dieses Exemplares, das ich 1991 in Chino, California habe aufnehmen können. Inzwischen ist sie in Florida zu Hause.


claudio

Hi Jacqueline

Danke für die interessante Einführung!

Tschüss
Claudio

max

SAli Jacqueline
Vielen Dank für den Interessanten Artikel
Gruss
MAx
Lectori Salutem

tobias

merci für die Vorstellung.

en gruess tobias

jacqueline

#4
Die Marauders wurden ursprünglich - wie die meisten damaligen US-Kampfflugzeuge - in Olive Drab oben / Neutral Grey unten ausgeliefert, wie auf diesem Bild zu sehen.




Ab Anfang 1944 wurde - wie bei anderen Typen - auf einen Anstrich verzichtet, die B-26 "naturbelassen" an die Einheiten abgegeben:




Manchen Einheiten gefiel es aber gar nicht, mit solchen "Silberfischchen" herumzuturnen, und deshalb bemalten sie ihre Maschinen auf der Oberseite mit Olive Drab, um wenigstens einen gewissen Sichtschutz zu erreichen. Im Unterschied zum alten Tarnanstrich war die Trennlinie weiter oben und nicht gewellt:



Unten ein besonders schönes Bild einer "nachgetarnten" B-26:




jacqueline



Eine kuriose Geschichte ereignete sich mit "Starduster", der ersten naturmetallenen B-26 der 37th Bomb Squadron:

Schon nach ihrem ersten Einsatz im Februar 1944 meldete "Axis Sally" vom Radio Berlin vollmundig: "Wenn Ihr Jungs von der 37. Bomb Squadron auf dem Villacidro Flugfeld dieses hübsche, glänzende Flugzeug behalten wollt, dann lasst es besser zu Hause, sonst wird es nicht zurückkommen!"

Aus dem Versprechen wurde dann doch nichts: Die "Starduster" überstand 150 Einsätze, und er einzige Feind, der ihr was anhaben konnte, war der Schmelzofen...  ::)

hartmut

Danke für die Vorstellung deines Bombers.

Grüße Hartmut
Stress haben andere...

thomas

Sehr schöne Vorstellung, so wie es aussieht kannst Du dich da mit Pigmenten so richtig austoben  ;D

thomas