GB5.Cats: Grumman F8F-1/-2D Bearcat - die Originale

Begonnen von jacqueline, 05. Dezember 2009, 13:10:29

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jacqueline

So, damit hier wenigsten einigermassen der Eindruck eines GroupBuilds entsteht, will ich mal wieder etwas beisteuern:



Zoologisch gesehen ist eine Bearcat gar keine Katze - und noch viel weniger ein Bär. Es ist eine eher wenig bekannte, in Südostasien beheimatete Schleichkatzenart:
http://de.wikipedia.org/wiki/Binturong

Ob das den Namensgebern überhaupt bekannt war oder ob es sich nur eine Wortspielerei handelt, weiss ich nicht. Auf jeden Fall war die F8F Bearcat das letzte mit Kolbenmotor angetriebene Jagdflugzeug von Grumman, bevor sich die fliegenden Durchlauferhitzer durchzusetzen begannen. Konstruiert als reiner Abfangjäger, war die F8F eigentlich nichts anderes als ein R-2800-Sternmotor mit einem bisschen Flugzeug ringsherum.

Tatsache ist, dass damit in erster Linie die Flugzeugträgerflotte vor Luftangriffen geschützt werden sollte. Quatsch hingegen ist die hin und wieder nachzulesende Behauptung, die F8F - wie übrigens auch ihre Konkurrenz, die F2G von Goodyear - seien speziell als Abwehr gegen Kamikazeflieger konstruiert worden. Das geht schon vom Zeithorizont her nicht auf, da beide Muster bereits ab 1943 entwickelt wurden, die ersten Kamikazes aber erst ab Oktober 1944 ihr schauerliches Tun begannen.

Es ist wenig bekannt, dass die Konstrukteure der Bearcat von einem deutschen Flugzeug inspiriert wurden: Ein Team von Grumman begab sich Ende 1942 nach England, um u.a. eine erbeutete Fw 190 zu testen. Man war ganz offensichtlich angetan von der Kombination einer leichten Flugzeugzelle mit einem starken Sternmotor, denn man liess genau das in die Entwicklung eines Nachfolgemodells für die F6F Hellcat einfliessen. Das Ergebnis sollte ein Jagdflugzeug sein, das den selben Motorentyp wie die Hellcat hatte, ihr gegenüber aber gut 20% leichter und aerodynamisch weit vorteilhafter gebaut war. Die ersten Testflüge ergaben dann auch tatsächlich, dass die Bearcat mit rund 24 m/s etwa auf die anderthalbfache Steigleistung der F6F-5 kam. 1946 brauchte eine ganz normal ausgerüstete F8F-1 vom Lösen der Bremsen bis zum Erreichen von 10'000 Fuss (3'084 Meter) 94 Sekunden. Ein Rekord, der sich erst 1956 brechen liess - von einem Jet.

Wie fast alles im Leben hatte das aber auch eine Kehrseite: Die Flügelbewaffnung musste auf vier 12,7-mm-MGs beschränkt werden (spätere Versionen hatten 4x 20-mm-Kanonen), was im Kampf gegen das japanische Sperrholzgeflügel allerdings kaum eine Rolle gespielt hätte, und das Mitführen von Aussenlasten war nur eingeschränkt möglich. Letzteres war dann wohl auch der Grund dafür, weshalb die Navy nach dem Krieg der F4U Corsair (eine Konstruktion aus den 30er Jahren...) als Standard-Jagdbomber den Vorzug gab.  

Obwohl im Mai 1945 die erste Bearcat-Einheit (VF-19) aufgestellt wurde, reichte es für einen Einsatz im Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Die ursprüngliche Bestellung wurde massiv reduziert. Immerhin gestand die Navy  der F8F  die Rolle als Standard-Abfangjäger zu, wenn auch nur für kurze Zeit, da mehr und mehr Jets in diesen Aufgabenbereich zu drängen begannen.

Die USA haben die Bearcat nie in einem Krieg eingesetzt. Das taten dann später nur die Franzosen und Südvietnamesen. Einer breiteren Öffentlichkeit (zumindest in den USA) wurde die F8F bekannt, als man ab 1946 bis 1949 das Blue Angels Display Team damit ausstattete. Abgesehen davon blieb die F8F eher im Hintergrund, und Mitte der 50er Jahre stellte die US Navy die letzten Exemplare ausser Dienst.

Wie viele andere Flugzeuge dieser Generation erlebten einige übrig gebliebene F8F nach ihrer Ausserdienststellung einen "zweiten Frühling". Zivil zugelassen und an Airshows sowie Flugzeugrennen vorgeführt, waren es schliesslich modifizierte Bearcats, welche 1969 ("Conquest I", 777 km/h) bzw. 1989 ("Rare Bear", ca. 850 km/h) den jeweiligen Geschwindigkeitsrekord für Kolbenmotorflugzeuge  einholten. "Rare Bear" hält den Rekord bis heute, und es ist momentan niemand in Sicht, der die finanziellen und sicherheitstechnischen Risiken auf sich nehmen möchte, um daran etwas zu ändern.


"Rare Bear"

Von der Bearcat gab es in Anbetracht von "nur" 1'266 gebauten Exemplaren recht viele Unter- und Nebenversionen, die sich rein äusserlich wenig voneinander unterschieden und hier nicht allzu sehr breitgeschlagen werden sollen. Die wichtigsten Versionen waren...

...die F8F-1...  


...und die F8F-2.


Der markanteste Unterschied war das Leitwerk der "-2" , welches gegenüber dem Vorgängermodell massiv verlängert werden musste, um die zusätzlichen Pferdestärken (+150 = total 2'250 PS) besser bändigen zu können.

Ich werde je eine der genannten Versionen bauen, wobei sie beide etwas speziell ausfallen dürften. Blaue Flugzeuge mit weissen Buchstaben drauf kann ja schliesslich jeder Depp machen, und bin nicht bekannt dafür, modellbauerisch auf ausgelatschten Trampelpfaden zu wandeln... ::)

thomas

Eine wirklich gute Vorstellung des Originals, vor allem weil es eben nicht dieses "Standardwissen" beinhaltet.
Ehrlich gesagt ist das meiste was Du da geschrieben hast für mich neu - aber o.k, ich habe mich mit der Bearcat auch noch nie groß beschäftigt.

thomas

hans-juerg

Zitat von: jacqueline am 05. Dezember 2009, 13:10:29
So, damit hier wenigsten einigermassen der Eindruck eines GroupBuilds entsteht, will ich mal wieder etwas beisteuern:

Hoi Jacqueline,
Sehr schoen, dass ich hier Gesellschaft bekomme ;)

Deine Vorstellung des Originals gefaellt mir auch sehr gut, konnte noch etwas lernen, so wegen den Kamikazes  :)

Gruss,
Hans-Juerg